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> Le nobellisable, RSF et le prisonnier

28 septembre 2005, 23:33

à paraître demain 29/09/05 dans le quotidien berlinois Junge Welt

29.09.2005

Interview
Interview : Harald Neuber

 »Es gibt keine Beweise gegen meinen Mann« 

Im spanischen Al-Qaida-Prozeß wurde ein Journalist zu sieben Jahren Haft verurteilt. Ein Gespräch mit Fatima Zahra Alouny

* Fatima Zahra Alouny, Ehefrau des Al-Dschasira-Reporters Tayssir Alouny, hat ein internationales Komitee zur Verteidigung ihres Mannes gegründet.

F : Ihr Mann Tayssir Alouny wurde am Montag in Madrid im bislang größten Prozeß gegen Al Qaida zu sieben Jahren Haft verurteilt. Wie geht es ihm ?

Er ist natürlich traurig und zornig. Aber er hat sich mit dem Ausgang abgefunden und versucht, sich auf die nächsten Schritte zu konzentrieren.

F : Hat Sie der Ausgang des Verfahrens überrascht ?

Ich selber brauche wohl noch etwas Zeit, um dieses ungerechte Urteil zu verarbeiten. Die Anwälte, unsere Unterstützer und ich werden die Entscheidung des Gerichtes aber natürlich anfechten. Wir machen solange weiter, bis wir die Unschuld meines Mannes bewiesen haben.

F : Hinter dem Verfahren stand mit Untersuchungsrichter Baltasar Garzón ein Vorreiter des spanischen »Antiterrorkampfes« . Schon während seines Feldzugs gegen die baskische ETA ist der Jurist in die Kritik geraten, weil er gegen Menschenrechte verstoßen habe. Trotzdem mußte er Ihren Mann zunächst wieder freilassen ...

... und das war ein positives Zeichen. Mein Mann wurde am 5. September 2003 festgenommen und wenige Wochen später entlassen. Nach der neuerlichen Festnahme hatten wir aber schon befürchtet, daß es zu einer Verurteilung kommen würde. Von einer so hohen Haftstrafe sind wir aber nicht ausgegangen.

F : Ihrem Mann wird vorgeworfen, als Geldkurier für das Al-Qaida-Netzwerk gearbeitet zu haben. Welche Beweise wurden von der Staatsanwaltschaft dafür vorgelegt ?

Keine.

F : Wie kommt sie dann zu diesem Vorwurf ?

Tayssir hat es im Oktober 2001 geschafft, ein Interview mit Osama bin Laden in Afghanistan zu führen. Er hatte Fragen von Al Dschasira und CNN übermittelt bekommen. Osama bin Laden zeigte sich aber wenig kooperativ. Auf die Fragen von CNN wollte er überhaupt nicht antworten und unterbrach das Interview immer wieder. Weil das gegen die getroffene Abmachung verstoßen hat, entschieden sich Tayssir und die Redaktion, das Interview nicht zu senden. Das hätte ihrem professionellen Anspruch widersprochen. CNN nutzte das Material aber, um Teile des Interviews auszustrahlen.

F : Eben dieses Material war später das zentrale »Beweisstück« der spanischen Staatsanwaltschaft gegen Ihren Mann. Dabei war er nicht der einzige Journalist, der mit dem Anführer von Al Qaida gesprochen hat. Nur in seinem Fall hat es aber zur Strafverfolgung geführt. Denken Sie, daß die syrische Herkunft ihres Mannes eine Rolle gespielt hat ?

Davon gehe ich aus. Tayssir war der einzige arabische und muslimische Journalist, der von Beginn des Afghanistan-Krieges an aus Kabul berichtete. Er hatte also natürlich Kontakte zu den Taliban, und nur so kam er an das Interview. Der Staatsanwalt hat in seinem Schlußplädoyer offen erklärt, daß er lange »große Zweifel« an der Schuld meines Mannes hatte. Nachdem er aber das Video gesehen und Tayssir dazu verhört habe, seien diese ausgeräumt gewesen.

F : Sie haben ein internationales Komitee zur Verteidigung Ihres Mannes ins Leben gerufen. Wie werden Sie auf das Urteil reagieren ?

Wir werden uns mit einem internationalen Team von Anwälten auf das Berufungsverfahren vorbereiten. Vor allem aber erwarten wir eine Zunahme der politischen Solidarität. Seit der Verurteilung meines Mannes bekomme ich Anrufe aus aller Welt. Die Empörung darüber, daß ein Journalist wegen der Ausübung seines Berufes angeklagt und als Helfer von Terroristen verurteilt wurde, ist groß – nicht nur in der arabischen Welt.

F : Werden Sie nach diesem Urteil in Spanien bleiben ?

Zunächst schon. Mein Mann und ich leben hier seit langer Zeit und haben die spanische Staatsbürgerschaft. Ich selber habe immer versucht, nach außen ein positives Bild von diesem meinem Land zu vermitteln. Wir beide haben uns als Spanier gefühlt. Nun bin ich mir nicht mehr sicher. Ich glaube, daß dieses Verfahren das Bild Spaniens besonders in der arabischen Welt schwer beschädigt hat.

* www.freetayseer.com